Start Zeitzeugen Portraits Herta Lahne
 

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Herta Lahne

1927 kommt Herta Voigt in Meiningen zur Welt. Ihr Vater arbeitet sich im Reichsbahn-Ausbesserungswerk auf einen guten Posten hoch, die Mutter singt mit ihr. Für sie stand schon sehr früh ihr Berufswunsch fest, sie wollte Opernsängerin werden. Sie nimmt Schauspiel- und Gesangsunterricht und schwindelt sich 1941 bei der Aufnahmeprüfung der Reichstheaterkammer in Weimar zwei Jahre älter. Sie bekommt ein Stipendium am Wiener Burgtheater und wird als 15-Jährige vom Meininger Theater als Elevin engagiert. Im Januar 1945 steht sie zum letzten Mal auf der Meininger Bühne, die Front rückt näher und das Ende des Krieges ist nah. Ihr Vater ist zu dieser Zeit in der Nähe von Nordhausen in die Produktion der V2-Raketen eingebunden. Er hat die Berechnungen für die Stollen gemacht, die ins Saaletal gesprengt wurden. Wenig später gilt er als Kriegsverbrecher;
wird 1946 verhaftet und 1947 im KZ Buchenwald von den Sowjets hingerichtet. Als Tochter eines Kriegsverbrechers bekommt die 18-Jährige keine Anstellung am Meininger Theater und geht deshalb nach Nürnberg.

Im Januar 1947 kehrt sie illegal über Eisenach in die sowjetische Besatzungszone zurück. Sie will ihren verschollenen Vater suchen.

Ein russischer Offizier gab ihr den Hinweis, ihren Vater in Weimar / Buchenwald zu suchen. Am 3. März 1947 fuhr sie mit dem Zug nach Weimar und  wird dort gleich am Bahnhof verhaftet.
Nach wochenlangen Verhören wird ihr ohne Verhandlung das Todesurteil verlesen. Ein Fernurteil aus Moskau. Herta Lahne wird zur Vollstreckung des Todesurteils ins ehemalige KZ Sachsenhausen gebracht. Dort rettet ihr ein japanischer Arzt das Leben. Er attestiert ihr eine Schwangerschaft und die Syphilis. Sie wird in die Lubjanka gebracht, das berüchtigtste  Zuchthaus der UdSSR. Hier muss sie weitere Verhöre und Demütigungen ertragen, wobei sie auf einem Ohr taub geprügelt wird. Für sie als Opernsängerin besonders schlimm.
In der Lubjanka begegnet sie auch dem dort inhaftierten schwedischen Diplomaten Roul Wallenstein. Sie war in einer Einzelzelle in einem der oberen Geschosse untergebracht, in der Todesetage. Weil ihre angeblichen Vergehen schon weit zurücklägen und sie „schwanger“ war, wandelte man schließlich das Todesurteil in 15 Jahre schweres Zuchthaus um.

Herta Lahne war von 1947 bis 1955 in Workuta eingesperrt, in einer Wüste aus Eis und Schnee, am Rande des Polarkreises,  abgeschnitten von der Zivilisation. Sie schuftete in der Kohlegrube, in der Ziegelei und der Lagerbäckerei. Herta Lahne erlebt endlose Polarnächte, Schneestürme, die Grausamkeit der Wachleute und mancher Mithäftlinge.
1953 kann sie einer Deutschen eine Rot-Kreuz-Postkarte abhandeln und ihre Familie informieren. Ihre Schwester ließ sie daraufhin im Westen beim Roten Kreuz registrieren.

1955 reiste Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Moskau um offizielle diplomatische Beziehungen mit der Sowjetunion herzustellen, in der Folge konnten zahlreiche deutsche Kriegsgefange aus der UdSSR heimkehren. Unter Ihnen auch Herta Lahne. Sie durfte nach 8 Jahren das Arbeitslager Workuta verlassen, und kehrte nach Meiningen zurück.

In Meiningen gab es für sie keine Zukunft und sie floh am 6.  Januar 1956 von Meiningen in die BRD.  Dort wird sie Dolmetscherin beim Wirtschaftsministerium und lernt die führenden Politiker kennen. Verheiratet war  sie mit dem Chefredakteur der Düsseldorfer Nachrichten.

Seit 2006 lebt Herta Lahne, inzwischen vollständig rehabilitiert, wieder in ihrer Heimatstadt Meiningen. Seitdem arbeitet sie als Zeitzeugin für die Thüringer Landesregierung.