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Brigitte Pollex

Brigitte Pollex musste als Kind miterleben wie fast alle ihrer Verwanden durch die Nazi`s ermordet worden sind.

Sie wurde geboren am 04.03.1934 in Elbing/Westpreußen nahe Danzig im heutigen Polen. Gemeinsam mit ihrem ca. einem Jahr älteren Bruder verlebte sie dort eine relativ unbeschwerte Kindheit bei ihrer alleinerziehenden Mutter. Ihr Vater lebte im nicht weit entfernten Kolberg mit einer eigenen Familie.
Die Familie musste die Wohnung in in Elbing verlassen und in
Königsberg (Kaliningrad) im “Kontiner Weg“ (ausgewiesenes
Wohngebiet für Sinti und Roma) Wohnung nehmen. Die Mutter
verlor ihre Arbeit als Postbotin und musste fortan in einer Munitionsfabrik arbeiten.

Ihr erstes traumatisches Erlebnis hatte Brigitte Pollex im Alter von sechs Jahren als die Familie vom Tode zweier Brüder der Mutter erfuhr, die bereits im Jahre 1938 von den Nazis in verschiedene KL verbracht wurden. Im Winter 1941/42 wurde der Vater mit seiner Familie, die mit einer Wanderbühne unterwegs waren, verhaftet nach Litzmannstadt (Lodz) und ins dortige Ghetto verbracht. Anfang 1942 wurde die gesamte Familie dort erschossen.

Die Kenntnis über das Schicksal ihres Vaters sowie ihrer Stiefgeschwister erhielt Brigitte Pollex erst Anfang der 1980iger Jahre. Der älteste Bruder ihrer Mutter mit seiner Familie wurde zu Beginn des Jahres 1943 in Auschwitz ermordet. Gleichzeitig wurde die ältere Schwester ihres Vaters mit sechs Kindern in Auschwitz umgebracht. Am 28.03.1943 wurden die Ehefrauen der im Jahre 1940 in Mauthausen und Sachsenhausen ermordeten Brüder ihrer Mutter mit insgesamt sieben Kindern nach Auschwitz deportiert. Allein die Frau des ältesten Bruders der Mutter überlebte. Ein weiterer Onkel ihrer Mutter mit seiner Tochter und vier Enkelkindern im gleichen Alter wie Brigitte wurden Ende 1943 abgeholt und nach Auschwitz gebracht. Auch sie kamen nicht zurück. Brigitte erlebte wie viele weitere Verwandte und Bekannte aus dem Barackenlager „Kontiner Weg“ abgeholt wurden und nie wiederkamen. Zwei weitere Cousinen von Brigitte wurden nach Auschwitz deportiert  (sie gaben russischen Gefangenen Brot) und überlebten nur wegen der Befreiung des KL`s durch die Rote Armee im Januar 1945.
Die Lebensbedingungen im „Kontiner Weg“ waren den Umständen entsprechend nicht lebensbedrohend sieht man von der „alltäglichen“ Bedrohung der Verhaftung und Deportation ab. Auch haben verschiedene „glückliche“ Umstände den Verbliebenen  Teilen der Familie mehrfach das Leben gerettet, unter anderem auch ein Ortsgruppenleiter der NSDAP! dem die Abstammung der Familie sehr wohl bewusst war.
Als im Jahr 1945 das Gebiet um Königsberg in die Kämpfe der vorrückenden Roten Armee einbezogen wurde kam auch der Bruder von Brigitte durch Granatenbeschuss ums Leben. Er wurde 12 Jahre alt.
Selbst als der Krieg weiter gezogen war blieb die Angst, denn mehrere Onkel, Tanten, Cousinen wurden von den Siegern verschleppt. Im Juli 1946 wurden alle Deutschen aus Polen ausgewiesen die nicht die polnische Staatsbürgerschaft annehmen wollten.

Brigitte Pollex lebt heute in Deutschland und spricht erst seit dem Jahr 2013 über ihren Weg und möchte vor allem der jungen Generation darüber berichten um ihnen zu vermitteln stets auf die Entwicklung in ihrer Heimat zu achten gerade im Hinblick auf die zu beobachtende Zunahme rechter Gewalt der letzten Jahre.