Projekte 2014

Start Projekte 2015 Hauptveranstaltung in Meiningen
 

Das Vergessen der Vernichtung ist Teil der Vernichtung selbst.
(Jean Baudrillard)

Euthanasie, „schöner Tod“, war das Wort, welches die Nationalsozialisten zynisch gebrauchten um
die systematische und grausame Ermordung hunderttausender Menschen zu rechtfertigen. Menschen,
die durch ihre geistigen, psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen, in den Augen und ideologischen Vorstellungen der Nazi-Regierung, nicht in die „reine Rasse“ des deutschen Volkes passten.

Die diesjährige Woche der Meininger Zeitzeugengespräche widmete sich den Nationalsozialistischen Patientenmorden – die ungeschönte Bezeichnung des „rassenhygienischen“ Bestrebens der Nationalsozialistischen Terrorherrschaft.

Zu der Hauptveranstaltung der 8. Meininger Zeitzeugengespräche, einer Podiumsdiskussion mit Angehörigen und Experten, kamen am 7. März  viele  interessierte Bürgerinnen und Bürger in der städtischen Galerie ada in Meinigen zusammen. 

Hagen Markwardt, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, legte in einem Vortrag die ideologische Herangehensweise und die systematische Durchführung der nationalsozialistischen Patientenmorde dar. Aufgebaut war dieser Vortrag auf dem biografischen Beispiel des Arztes Dr. Paul Nitsche – Leiter zweier der größten ‚Heil – und Pflegeanstalten‘ des Landes in denen gezielt Menschen im Kontext der Rassenhygiene ermordet wurden.
Nach dem einleitenden Vortrag schilderten die anderen Teilnehmerinnen der Gesprächsrunde warum sie sich mit dem Thema der „Euthanasie“ auseinandersetzen und in wie weit ihre eigene Geschichte mit dem Thema „systematischen Patientenmorde“ verknüpft ist.

So hörten die Anwesenden voller Mitgefühl die Geschichte von Sigrun Hagen – einer Frau, deren Zwillingsbruder durch die Nationalsozialisten umgebracht worden ist. Er war ein Junge der, gesund geboren, durch eine Hirnhautentzündung geistige Beeinträchtigungen davon trug. Nach ärztlichen Untersuchungen und auf den Rat vom behandelten Arzt Dr. Ibrahim Jussuf, kam der Junge in eine sogenannte Heil – und Pflegeanstalt in Stadt Roda und ist dort, wie Frau Hagen es formulierte, gestorben wurde. Von dem Tod des Kindes hat sich Familie nie wieder erholt.

Auch die Worte der Medizinhistorikerin Dr. Susanne Zimmermann hinterließen bei den Zuhörerinnen und Zuhörern Gefühle der Trauer und Beklemmung. Sie sprach über ein Thema, mit dem sie sich schon seit vielen Jahren auseinadersetzt: der Kindereuthanasie. Im Zusammenhang mit den Recherchen zu ihrem Buch „Überweisung in den Tod. Nationalsozialistische Kindereuthanasie in Thüringen“, lernte Frau Dr. Zimmermann auch die Zeitzeugin  Frau Hagen und ihre Geschichte kennen.

Als dritte Gesprächsteilnehmerin, kam zum Abschluss Frau Astrid Rühle von Lilienstern zu Wort. Sie beschäftigt sich, ebenfalls schon seit vielen Jahren mit dem Thema der systematischen Zwangssterilisationen im Nazi-Deutschland und ganz besonders in Thüringen. Den Anstoß dazu gab die Aufarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte.

Im Anschluss an die Gesprächsrunde in der städtischen Galerie ada nutzten die Anwesenden noch die Gelegenheit, die Kunstausstellung „Wir & Ihr“ näher zu betrachten. Dort gab es beindruckende Bilder von Beschäftigten der Lebenshilfe-Werkstätten zu sehen, die in einem Kunstkurs der Christophine Kunstschule Meiningen entstanden sind. Alle ausstellenden Künstlerinnen und Künstler wären während der Nazi-Diktatur potentielle Euthanasie-Opfer gewesen.

Durch das Gehörte und Gesehene ließen sich viele Besucher berühren und kamen mit der Zeitzeugin und den Experten ins Gespräch.



 

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